Lernen, Lernen, Popernen.

Die Kunst des Lernens ist ein Mysterium, welches die Menschen seit jeher Beschäftigt. Sie wirft verschiedene Fragen auf: Die Frage nach der Intention, die Frage nach der Methodik, die Frage nach dem Finale – und sicher noch viele weitere Fragen, die ich in diesem Beitrag nicht thematisieren werde. Ich habe mir die Mühe gemacht, diese Fragen auf meinen fliegerischen Werdegang anzuwenden. Der Blog dient im Grunde als Dokumentation und als Erklärung dessen, was inzwischen geschehen ist. Doch habt Ihr, werte Leser, lang nichts von mir gehört. Deshalb habe ich den Entschluss gefasst, eine Gesamterklärung abzugeben, die meinen aktuellen fliegerischen Stand widerspiegeln, ungeklärte Fragen bearbeiten und einen kleinen Ausblick in die Zukunft gewähren.

Hin und wieder verirrt sich die Frage zu mir, wie ich denn wirklich aufs Fliegen gekommen bin. Ich erzähle dann von den Anfängen, wie man sie auch hier auf meinem Blog nachvollziehen kann. Doch manchmal genügt diese Anekdote nicht. Erst kürzlich habe ich mich mit Thomas darüber unterhalten und seitdem, denke ich hin und wieder darüber nach. Meine aktuelle Antwort auf diese Frage ist eine zunächst simple: Weil es geht.

Weil es geht.

Immer mehr kann ich  mich mit dieser Frage anfreunden. Meine Besuche beim SCU in Uetersen hat mir damals eine besondere Sichtweise auf die Fliegerei gegeben. Fliegen um des Fliegens willen. Einfach nur dort oben irgendwo hoch über der Erde sein und sich daran freuen. Wie oft bin ich nun schon über Körbelitz geflogen – und jedes mal mit dem Blick auf unseren Garten den Finger darauf gerichtet und in Gedanken wie ein Kind: “Da wohne ich!” Wie klein die Welt aus sieht, wie nah man den Wolken ist und wie untereinem die Welt langsam hinweggleitet. Die Pure Freude daran ist schon groß genug, immer und immer wieder gibt es etwas neues zu entdecken.

Als ich noch ein unbeirrter Fußgänger war, der mit dem wirklichen Fliegen bisher noch nie in Berührung gekommen ist, war es auch diese Vorfreude auf das einfache Herumfliegen um des Fliegens willen, der mich motivierte. Ich weiß noch, wie ich im Matheunterricht aus dem Fenster gesehen habe, hinauf in die Wolken und mir gedacht habe: “Da will ich hin!” In diesem Moment waren die Ätherhöhen meine Wahlheimat geworden. Das Internet bot mir reichlich an Material um mich träumen zu lassen. Ganze, ungeschnittene Flüge über atemberaubende Landschaften habe ich mir reihenweise angesehen. Lediglich, um mich an der Perspektive zu laben. Ich erinnere mich nur all zu gut an meinen ersten Flug – in einem Passagierflugzeug ging es nach Israel – wie ich dort saß und statt aus dem Fenster zu sehen, auf meinem Handy eine Reihe von Flugvideos ansah.

Einige meiner Freunde haben es damals noch für Aussichtslos gehalten, dass ich jemals fliegen lernen würde. Andere haben diese Begeisterung schon sehr früh wahrgenommen und haben mir zugesprochen. Rückblickend kann ich sagen: Sowohl der Zuspruch als auch der Zweifel haben mir genügend Motivation verschafft, das Ding auch durchzuziehen und ernst zu machen. Einmal angefressen – das wusste schon Da Vinci – wird man die Fliegerei wohl ewig im Herzen tragen.

Sicherlich war diese Mathestunde seiner Zeit nicht der Ursprung meiner Intention. Aber sie hat all diese Gedanken in mir freigelassen. Hat mich nun schon seit über zwei Jahren begleitet auf einen wunderbaren Weg, der mich hinaufführen wird in meine Wahlheimat, den Äther.

Was aber ist die Methodik zum Fliegen lernen?

Ich habe auf diesem Blog den Versuch gewagt so ausführlich und detailliert zu erklären, wie meine Flugstunden aussahen. Sowohl der Theorieunterricht als auch fast jede einzelne Flugstunde bis zu meinem ersten Soloflug habe ich hier dokumentiert. Dem ein oder anderem Leser mag aufgefallen sein, dass dabei viele Platzrunden angefallen sind. Sehr viel Übungseinheiten verbringt man während der Ausbildung damit ins Flugzeug zu steigen, seine Runden zu drehen und wieder zu landen. Für den Betrachter von außen ein vielleicht unspektakuläres Unterfangen. Während der Flugschüler gerade in winzigen Schritten wichtige Lektionen lernt. Dazu zählt nicht nur das obligatorische Landen als solches, sondern auch der saubere Kurvenflug und das Parallelfliegen zur Bahn im Gegenanflug. Techniken, die einfach sitzen müssen und zum sauberen Fliegen unabdingbar dazugehören werden in komplexester Form bei den Platzrunden geübt. Mein Versuch, auch die Platzrunden hier zu dokumentieren und zu erklären, welche kleinen Fortschritte ich gemacht habe, dienten nicht zuletzt auch dem eigenen Interesse daran, mit einem gewissen Abstand resignieren zu können, welche Erfahrungen ich in meine nächste Stunde einfließen lassen kann.

Mit dem ersten Solo-Flug hat sich die Methodik und Zielsetzung meiner Flugstunden jedoch geändert. Es geht in den Platzrunden nicht mehr primär darum die grundlegende Technik zu erlernen sondern darum sie zu verfeinern und sich eine Routine anzueignen. Was habt Ihr, werte Leser, also bisher auf meinem Blog verpassen müssen: Nicht viel. Ein Blick in meine Notizen zeigt: hauptsächlich Platzrunden auf verschiedenen Plätzen. Einige Solo, einige mit Fluglehrer. Außer den die bereits erörterten Manöver zur Außenlandeübung, die Ziellandeübung und das Slippen.  Es wiederholt sich sehr viel und ich kann kaum mehr darüber berichten als ich es bereits getan habe. Diese Wiederholung ist nicht nur in diesem, sondern in nahezu jedem Lernprozess ein elementarer Bestandteil. Nur dadurch können sich wichtige Schrittfolgen festigen und normalisieren. Sie gehören dazu und seien sie noch so langwierig. Vor der Winterpause sind meine Landungen sehr viel sicherer geworden, viele Techniken haben sich gefestigt. Doch werde ich dennoch, sobald ich dieses Jahr wieder in ein Flugzeug steige wieder eine Eingewöhnung brauchen. Werde mich neu sortieren müssen und mich wieder zurechtfinden, bis ich wieder auf dem alten Stand bin.

Dennoch stehe ich kurz vor meiner Praxisprüfung, es wird wohl mit dem Beginn dieser Saison sehr bald so weit sein. Wenn ich mich wieder eingefunden habe und mich wohl fühle beim Alleinfliegen wird die Absprache mit meinem Flugprüfer erfolgen und die Prüfung stattfinden. Und dann? Dann befinden wir uns mitten vor der letzten großen Frage die ich am Anfang benannt habe: Die Frage nach dem Finale. Wann kann man denn fliegen? Mit dem Erhalt eines Scheins auf dem Steht: »Schmuel darf ein Flugzeug lenken« hat man zwar die Erlaubnis dazu, Flugzeuge des entsprechenden Typs zu fliegen. Aber logischerweise ist man damit noch kein solider Flieger. Man wird noch eine Zeit lang als Fluganfänger gelten. Es gibt viele noch unbekannte Situationen, in die man geraten wird; Herausforderungen, denen man sich stellen muss; Fehler, die man einsehen und analysieren sollte. Mit Thomas habe ich mir einige große Flugprojekte vorgenommen, um sich in diesem Jahr intensiv mit der Fliegerei auseinanderzusetzen.

Fliegen lernt man durch Fliegen.

Hierzulande hat man sich für die Frage nach dem Finale eine super einfache und ebenso triviale Antwort mundläufig gemacht: »Man lernt nie aus.« Hört man es aus vieler schlauer Leute Münder, »Man lernt nie aus.« So abgedroschen und ausgenutzt diese Antwort auch sein mag, es findet sich ein gutes Stück Wahrheit daran: Denn egal um welche Tätigkeit es sich handelt, sie auszuüben bringt eine weitere Erfahrung. Diese muss nicht zwingend neu sein, aber wenn sie sich einreiht in die bisherigen Erfahrungen, dann vergrößert sich der Chorus des Wissens. Die größte Gefahr besteht darin, sich dieser Vergrößerung zu verschließen. Wer meint, ausgelernt zu haben, und sich des Umfangs seines Wissens so sicher ist, dass er jede weitere Erfahrung abfällig abtut, der begeht einen schweren Fehler. Mein höchstes Bestreben ist es daher, diesem Fehler entgegenzuwirken und erst dann mit dem Lernen aufzuhören, wenn ich mit dem Fliegen aufhöre – und daran ist im Moment noch lange lange nicht zu denken. Wir werden sehen, was das Jahr 2019 an spannenden Momenten für mich bereithalten wird!

Das ist nicht das Ende

In den letzten Wochen und (oha) Monaten ist es sehr still um diesen Blog gewesen. Das hat auf der einen Seite private, organisatorische Gründe, zum anderen auch simple und nachvollziehbare Trägheit (= Faulheit). Meine Intention mit diesem Beitrag ist es euren Stand als Leser mit meinem Stand gleichzusetzen. Wir stehen kurz vor der heißen Phase, dem Abschluss meiner Ausbildung. Nach der UL-Lizenz folgt nur noch die Passagierberechtigung. Dann geht es hinaus in die fliegerische Selbstständigkeit.

Ich habe hin und wieder überlegt, was ich dann mit diesem Blog hier machen soll. Der Schriftzug »Schmuel wird Pilot« begrüßt nun seit schon fast zwei Jahren die Besucher dieses Blogs. Wäre es sinnvoll, den Blog nach der abgeschlossenen Ausbildung zu schließen? Vielleicht. Eine fertige Geschichte, am Anfang der Traum, am Ende die Lizenz. Aber ich träume ja weiter. Ich werde im Rahmen der Fliegerei eine ganz eigene, neue Kategorie an Erfahrungen sammeln, die ich mit euch teilen möchte. Ich stehe noch ganz am Anfang einer völlig neuen Welt. Sie nur für mich haben zu wollen, wäre nicht zu verantworten. Es wird weiter gehen. In gewohnter Aktualität mit Abschweifungen von wenigen Stunden bis hin zu manchen Monaten. Doch wird meine Verzögerung in vielen Fällen keine Rolle spielen.

Denn Fliegen ist eine zeitlose Geschichte. Man kann immer wieder davon erzählen, immer wieder darüber lesen und schreiben. Sich immer wieder freuen. Fliegergeschichten haben – ganz gleich aus welchem Jahr sie stammen – immer eine unglaublich aktuelle Ader. Sie transportieren die Mentalität der Verbundenheit mit dem Himmel, die Perspektiven und Emotionen in sich, die man heute so nachfühlen kann wie damals. Betrachtet meinen Blog also fortan nicht nur als Plattform, auf der ich meinen Werdegang als Flugschüler schildere sondern zunehmend auch als offenes Tagebuch, in welches ich mal mehr und mal weniger ausführlich; mal mehr und mal weniger bebildert; mal mehr und mal weniger pünktlich schildere, was mein Fliegerherz höher schlagen lässt. Ich möchte diesen Platz nutzen um Erinnerungen zu schaffen für mich und alle die dabei waren; und um Geschichten zu erzählen, für euch die ihr vielleicht selbst Piloten seid oder davon träumt.

Mit Blick auf das anbrechende Jahr 2019 kündigen sich viele solcher Momente an, die es Wert sind zu einer Erinnerung zu bleiben. Einige bedürfen vielleicht sogar einer Auslagerung, andere werden nur hier Erwähnung finden.

Da Vinci hat recht.

Wenn du das Fliegen einmal erlebt hast, wirst du für immer auf Erden wandeln, mit deinen Augen himmelwärts gerichtet. Denn dort bist du gewesen und dort wird es dich immer wieder hinziehen.

Die Fliegerei zu beschreiben ist rhetorisch eine unglaublich schwere Aufgabe und manchmal glaube ich, dass die Beschreibung am Besten bei jenen ankommt, die das Fliegen schon erlebt haben. Da Vincis berühmte Worte, die unter anderem von Christopher Tin vertont wurden sind mir stets im Kopf präsent. Verfolgen mich fast jeden Tag und hüllen mich in wohlige Erinnerungen ein. Derer gilt es noch viele zu schaffen!

In diesem Sinne einen guten Flug all jenen, die bereits Piloten sind!
Schmuel

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