Haben Flugzeuge eigentlich Scheibenwischer?

Nein. Jedenfalls nicht die Ultraleichtflugzeuge. Jedenfalls nicht die Ultraleichtflugzeuge die ich bisher gesehen habe. Sobald man im Flugwesen tätig ist, wird man immer wieder mit dieser und vielen weiteren Fragen rund um die spannende Thematik der Fliegerei konfrontiert. Dank des Theorieunterrichtes kann ich auch viele solcher Fragen – “Wie hoch?” “Wie schnell?” “Wie weit?” “Wie teuer?” “Wie viel?” “Wie auch immer!” – beantworten. Umso besser sogar, seitdem ich vieles davon auch schon in der Praxis erfahren konnte. Auf eine weitere häufig gestellte Frage: “Wie ist das eigentlich mit Regen?” kann ich nun auch mit Praxiserfahrung eingehen.

Aufmerksamen Lesern, die bereits schon ein wenig länger dabei sind, mag aufgefallen sein, dass ich heute gar nicht das erste mal bei Regen geflogen bin. Regen hatte ich schon mal, und zwar bei einen meiner ersten Flüge – nach Kleinmühlingen  – Aber dort war der Faktor Regen eher zweitrangig. Besonders in Rückblick auf diese Flugstunde und meine damit verbundenen ersten Landeübungen wird mir bewusst, welche Fortschritte ich in den letzten Monaten gemacht habe, beziehungsweise wie sich mein Verhältnis zur Fliegerei geändert hat. Damals lag noch alles in einer Art Nebel der Faszination. Ein wunderbarer Nebel freilich, der sich aber in den letzten Monaten lichten musste, dass ich mit einem kühleren Kopf und einer freieren Hand agieren kann. Meine damaligen Fehler, etwa mit den Landeklappen oder beim Kurvenflug, waren hauptsächlich einer gewissen Überforderung geschuldet, die völlig normal ist, wenn man in die Fliegerei neu einsteigt. Den Umgang mit dem Regen hat damals mein Fluglehrer übernommen, während ich mich auf den Umgang mit dem Flugzeug konzentriert habe. Heute jedoch sind die Grundtechniken des Fliegens längst kein Mysterium mehr, deshalb nahm ich den tröpfelnden Regen anders wahr als damals.

Heute Morgen, beim Blick aus dem Fenster war das erste was ich sah eine dichte Wolkendecke. Wenn die Wolken zu niedrig sind, sodass man nicht die Sicherheitsmindesthöhe bzw die Platzrundenhöhe erreichen kann, ohne in den Wolken zu fliegen, bleibt man lieber am Boden. Also nahm ich noch schnell Kontakt zu meinem Fluglehrer auf: selbiger meinte jedoch, dass noch alles Prima ist und das Fliegen heute stattfinden kann. Das bestätigte sich auch mit einem Blick auf die GAFOR-Übersicht, welche mich durchaus verwunderte:

Gafor-Ost: Alles im Charlie Bereich
In der Zeile 20 für den Bereich Magdeburg und für alle umliegenden Region steht im Gafor Bericht für die nächsten sechs Stunden Charlie – Clear. Das bedeutet: Wolkenhöhe mindestens 5000ft und 10km Sicht am Boden.

Laut der Flugwettervorhersage sollte es einen praktisch klaren Himmel geben. Praktisch optimale Bedingungen zum Fliegen. Wer sich die zwanzigste Zeile jedoch genau anschaut, wird im ersten blauen Feld den Hinweis finden: ISOL TSRA. Das steht für Isolated thunderstorm and rain. Also vereinzeltes Gewitter und Regen. Ein Vorbote dafür, wie das Wetter am Flugplatz sein könnte, wenn ich dort eintreffe. Zu dem Zeitpunkt hielt es sich aber trocken und auch wenn die Wolken meines Erachtens nach weit unter 5000ft lagen habe ich den Wetterdienst so erst mal hingenommen. Auf windfinder.de habe ich mir noch einen kurzen Überblick über den Wind in Magdeburg verschafft. Dieser zeigte sich von einer freundlichen Seite. Bei maximal 8kt kann im Grunde nichts passieren, was mich aus der Fassung bringen könnte.

Kaum dass ich am Flugplatz aus dem Auto gestiegen bin, trafen mich jedoch die ersten Tropfen. Leichter Niederschlag. Vereinzelt Regen. Da war doch was?

Mein Fluglehrer ist die Sache jedoch entspannt angegangen. Auch der Umgang mit Regen will geübt sein. Es ist eine wichtige Erfahrung zu wissen, wie sich das auf das Sichtfeld auswirkt und wie man darauf reagieren kann. Scheibenwischer hat das Flugzeug schließlich keine. Der erste Unterschied beim Fliegen im Regen zeigte sich mir bereits sehr schnell: Bei der Vorflugkontrolle wird man nass. Keine schöne Sache – aber nicht weiter tragisch.

Sind das 5000ft Wolkenhöhe?

Nach dem Anlassen des Motors fegte der Propeller die Tropfen auf der Scheibe an die Außenseiten. Sehr zum Leidwesen der Sicht, aber am Boden macht das wenig aus. Beim Rollen habe ich es gerade noch hinbekommen, mehr oder weniger auf dem gelben Strich zu bleiben, mindestens auf dem Rollweg war ich immer. Bevor man auf die Bahn rollt und startet macht man am Rollhalt noch einen Magnetcheck. Dafür erhöht man die Drehzahl des Motors und schaltet jeweils einen Zündmagneten aus. Wenn das Motorgeräusch sich in Folge des Abschaltens eines Magneten ändert, funktioniert selbiger. Beim erhöhen der Drehzahl am Boden flog das restliche Wasser fast komplett von der Windschutzscheibe. Den Rest erledigte der Start mit Vollgas. Im Ende brauchte es also keinen Scheibenwischer. Die Tropfen bleiben meist nicht an der Frontscheibe haften sondern werden durch die Fahrt von allein beseitigt.

Dafür jedoch gab sich eine neue Herausforderung durch den umlaufenden Wind. Dieser kam bei nahezu jedem Anflug aus einer anderen Richtung mit einer anderen Stärke. Optimal fürs Training also. Eine neue Herausforderung. Tatsächlich drehte der Wind während der Übung so sehr, dass wir die ersten Anflüge auf der Piste 27 tätigten und die letzten auf der Piste 09. In beiden Fällen hatten wir mal den Wind von vorn und mal den Wind von der Seite. In einem Fall kam er sogar von hinten. Landen mit Rückenwind ist schon eine Aufgabe für sich: Aber bei der niedrigen Windgeschwindigkeit zum Glück machbar.

Die Luft gestaltete sich im Laufe der Übungsstunde sogar teilweise turbulenter. Zweimal erwischte mich im Queranflug, die vorletzte Strecke, bei welcher man Senkrecht auf die gedachte Verlängerung der Piste zusteuert, eine Windböe, einmal sogar so stark dass wir im Endanflug zu viel Höhe hatten und auf halber Pistenlänge durchstarten mussten. Als Lösung für so ein Problem, wenn man an der immer selben Stelle von einer Windböe erwischt wird, bietet sich an, den Anflug höher zu gestalten. Also über die turbulente Luft hinweg zu fliegen und im Endanflug dafür schneller Höhe abzubauen. Nach diesem Schema wurden die Folgeanflüge wieder ein problemloser Erfolg.

Der heutige Unterricht lief richtig gut, ich habe die selben Freiheiten wie beim letzten mal erhalten und konnte die Platzrunde von Anfang an richtig einschätzen. Weiterhin muss ich daran arbeiten, das Seitenruder bei jeder Kurve auch komplett mitzunehmen um zu vermeiden, dass das Flugzeug unsaubere Kurven fliegt und geschoben wird. Ich muss mich auch noch daran gewöhnen, dass ich nach Aufsetzen und vor dem Start, die Ruderpositionen beibehalte um nicht direkt nach dem Start vom Wind aus der Bahn getragen zu werden. Weiterhin werde ich künftig darauf achten müssen vorhandene Geschwindigkeit zu nutzen, um Höhe aufzubauen. Praktisch abzuschätzen, wie ich am besten Schwung hole. Das sind sicherlich Kleinigkeiten aber teilweise sogar sehr wichtige Elemente um einen sauberen Start, einen sauberen Flug und eine saubere Landung zu absolvieren. In den folgenden Stunden werde ich mich auf die Einarbeitung dieser Korrekturen in meinen Handlungsablauf konzentrieren.

Bis dahin einen guten Flug all jenen, die bereits Piloten sind!
Schmuel

 

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